Besonders besorgt äußerte sich Steinbrück über die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen. Donald Trumps (78) Politik habe bereits "eine fundamentale Infragestellung“ dieser Partnerschaft eingeleitet. "Wir erleben den Kollaps der europäischen Sicherheitsarchitektur“, sagte er. Diese Entwicklung werde "für Europa ungeheure Folgen“ haben, insbesondere wenn es zu weiteren Eskalationen in der Zollpolitik komme. Massive Störungen von Handels- und Lieferketten könnten zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden führen – mit negativen Auswirkungen für alle Beteiligten.
Auch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands steht nach Steinbrücks Einschätzung auf dem Spiel. "Wenn weite Kernbereiche der deutschen Wirtschaft angegriffen werden von Ländern, die nicht viel schlechter sind als wir, dann stehen wir vor einem erheblichen Problem“, warnte er. Besonders kritisierte er, dass in den letzten 10 bis 15 Jahren notwendige Reformen vernachlässigt wurden. Dies habe das "deutsche Geschäftsmodell“ geschwächt und mache es anfällig für globale Herausforderungen. Steinbrück mahnte eindringlich: "Vor uns liegen entscheidende Jahre. Wenn es uns nicht gelingt, entscheidende Weichenstellungen für einen handlungsfähigen Staat und eine höhere Lösungskompetenz der Politik zu etablieren, dann werden die nächsten Bundestagswahlen zu einer Nagelprobe für unser parlamentarisches System.“ Die neue Bundesregierung müsse alles daransetzen, die Erosion des Vertrauens in die Politik zu stoppen. Andernfalls drohe weiterhin ein Zulauf zu Parteien, „die in meinen Augen ziemlich unappetitlich sind.“
Die zweite Auflage der Westfälischen Friedenskonferenz steht in diesem Jahr ganz im Zeichen der Spannungen zwischen den USA und Europa. Eröffnet wird die Veranstaltung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69). Eine besondere Ehre wird dabei der Auschwitz-Überlebenden Margot Friedländer zuteil, die eine Sonderauszeichnung erhalten wird. Peer Steinbrücks Worte sind ein dringender Weckruf an die Politik. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um Deutschlands Position in einer zunehmend instabilen Welt zu sichern. Ob die neue Bundesregierung dieser Herausforderung gewachsen sein wird, bleibt abzuwarten. Doch eines ist klar: Scheitert sie, könnte dies weitreichende Konsequenzen für die Demokratie in Deutschland haben.